Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments

Ehegatten und eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner haben die Möglichkeit, ein gemeinschaftliches Testament zu errichten.

Da sie eine Lebens- und Schicksalsgemeinschaft bilden, haben sie auch meist das Bedürfnis, ihre wirtschaftlichen und rechtlichen Angelegenheiten für den Todesfall gemeinsam zu regeln.

Das gemeinschaftliche Testament besteht inhaltlich eigentlich aus zwei eigenständigen Testamenten, doch haben die Erblasser den Willen, ihre Erbfolge gemeinsam zu regeln.

Eine besondere Art des gemeinschaftlichen Testamentes ist das Berliner Testament.

Hier haben sich die Ehegatten oder Lebenspartner gegenseitig als Erben eingesetzt und bestimmen, dass ein Dritter (z.B. das gemeinsame Kind) nach dem Tod des letztversterbenden Erblassers alles bekommt.

Alle Verfügungen, die in einem einseitigen Testament getroffen werden können, können auch in einem gemeinschaftlichen Testament getroffen werden. Das Besondere am gemeinschaftlichen Testament ist die Möglichkeit, wechselbezügliche Verfügungen zu treffen.

Das sind solche Verfügungen, die voneinander abhängig sind, d.h. deren Bestehen voneinander abhängig ist.
Eine wechselbezügliche Verfügung zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht ohne die Verfügung des anderen Erblassers getroffen worden wäre. Sie werden im Vertrauen auf einander abgegeben und bedürfen deshalb besonderen Schutzes.

Es können nur 3 verscheiden Arten von Verfügungen Gegenstand einer wechselbezüglichen Verfügung sein: Erbeinsetzung, Vermächtnis und Auflage.

Die wechselbezüglichen Verfügungen sind vom Bestand her voneinander abhängig. Nach § 2270 BGB ist bei Nichtigkeit der einen wechselbezüglichen Verfügung grundsätzlich die andere auch unwirksam. Es ist deshalb zu empfehlen, klar zu kennzeichnen, welche Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament als wechselbezügliche gewollt sind und welche nicht. Dies hat auch Bedeutung für die Abänderbarkeit der Verfügungen.

Eine Aufhebung oder Änderung des gemeinschaftlichen Testamentes können die Eheleute nur gemeinsam tätigen.

Sind die Eheleute geschieden oder wurde vom Erblasser die Scheidung beantragt oder hat er dieser zugestimmt und lagen die erforderlichen Voraussetzungen für eine Scheidung vor, so verliert der Ehegatte nach § 1933 BGB sein gesetzliches Erbrecht und seinen Pflichtteilsanspruch.

Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Zustellung des Scheidungsantrages beim anderen Ehegatten. Voraussetzungen einer Scheidung sind die Zerrüttung der Eheleute, d.h. wenn die Ehe gescheitert ist, eine Lebensgemeinschaft der Eheleute nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass diese wieder hergestellt wird.

Wird der Scheidungsantrag jedoch vor dem Tod des Erblassers zurückgenommen oder findet eine Versöhnung statt, so lebt das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten wieder auf.

Haben die Eheleute während ihrer Ehe ein gemeinschaftliches Testament errichtet, so wird dieses dann komplett unwirksam. Eine Unwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testamentes tritt nicht ein, wenn die Ehegatten einen Fortgeltungswillen (auch Aufrechterhaltungswillen) gem. 2268 BGB aufweisen.

Ein Fortgeltungswille liegt bei dem Erblasser vor, dessen Verfügung nicht aufgrund des Fortbestands der Ehe errichtet wurde.

Wechselbezügliche Verfügungen sind zu Lebzeiten beider Erblasser frei widerrufbar. Der Widerruf muss dem anderen Erblasser gegenüber erfolgen und muss notariell beurkundet werden.

Folge des Widerrufs ist dann auch die Unwirksamkeit der wechselbezüglichen Verfügung des anderen Erblassers, die mit der widerrufenen in Verbindung stand.

Verstirbt jedoch ein Erblasser, so tritt die Bindungswirkung der wechselbezüglichen Verfügungen ein, der überlebende Erblasser hat nun keine Möglichkeit, die getroffenen Verfügungen zu widerrufen. Ausnahmen hiervon können jedoch vereinbart und im gemeinschaftlichen Testament aufgenommen werden.

So kann der Vorbehalt eines Widerrufs und eine Abänderungsbefugnis des überlebenden Erblasser vereinbart werden.

Ist ein Widerruf nicht möglich, so ist eine Lösung von der Bindung an die getroffenen wechselbezüglichen Verfügungen nach Tod des Ehegatten aufgrund gesetzlicher Auflösungsgründe möglich. Gesetzliche Auflösungsgründe der Bindungswirkung sind die Ausschlagung des überlebenden Erblassers nach § 2271 BGB.

Die wechselbezügliche Verfügung wird gegenstandslos und entfällt, wenn der bedachte Dritte wegfällt, weil er einen Erbverzichtsvertrag mit dem überlebenden Erblasser abgeschlossen hat oder vorverstorben ist.

Der überlebende Ehegatte kann eine wechselbezügliche Verfügung nach Tod des anderen Ehegatten aufheben, wenn sich der Bedachte einer Verfehlung nach §§ 2333-2335 BGB (Pflichtteilsentziehungsgründe) schuldig macht. Ist der Bedachte kein Pflichtteilsberechtigter des Erblassers, so wird er bezüglich der Pflichtteilsentziehungsgründe wie ein Abkömmling behandelt.

Die gesetzlichen Entziehungsgründe sind in den §§ 2333 – 2335 BGB normiert. Es wird hierbei nach der Person des Pflichtteilsberechtigten unterschieden. Pflichtteilsberechtigt sind nur die Abkömmlinge, der Ehegatte oder Lebenspartner und unter Umständen die Eltern des Erblassers.

So kann einem Abkömmling der Pflichtteil entzogen werden, wenn er dem Erblasser, seinem Ehegatten oder einem anderen Abkömmling des Erblassers nach dem Leben trachtet.

Weitere Entziehungsgründe sind begangene vorsätzliche körperliche Misshandlungen oder schwere vorsätzliche Straftaten begangen gegenüber dem Erblasser oder dessen Ehegatten.

Gegenüber dem Ehegatten ist eine Misshandlung nur relevant, wenn er von diesem abstammt. Auch kann ihm der Pflichtteil entzogen werden, wenn er gegenüber dem Erblasser eine Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel führt, der vom Erblasser nicht gebilligt wird.

Der Erblasser kann einem Elternteil den Pflichtteil entziehen, wenn dieser dem Erblasser, seinem Ehegatten oder einem der Abkömmlinge des Erblassers nach dem Leben trachtet. Weitere Entziehungsgründe sind begangene vorsätzliche körperliche Misshandlungen oder schwere vorsätzliche Straftaten begangen gegenüber dem Erblasser oder dessen Ehegatten.

Auch kann ihm der Pflichtteil entzogen werden, wenn er gegenüber dem Erblasser eine Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel führt, der vom Erblasser nicht gebilligt wird.

Dem Ehegatten kann der Erblasser seinen Pflichtteil entziehen, wenn dieser dem Erblasser oder einem Abkömmling des Erblassers nach dem Leben trachtet. Weitere Entziehungsgründe sind begangene vorsätzliche körperliche Misshandlungen oder schwere vorsätzliche Straftaten begangen gegenüber dem Erblasser.

Auch kann ihm der Pflichtteil entzogen werden, wenn er gegenüber dem Erblasser eine Unterhaltspflicht böswillig verletzt. Die Aufzählung der Gründe zur Entziehung des Pflichtteils im Gesetz sind abschließend.

Der Erblasser kann auch die Beschränkung des Pflichtteils nach § 2338 BGB verfügen, wenn der Bedachte pflichtteilsberechtigter Abkömmling des überlebenden Ehegatten ist. Hiernach ist eine Beschränkung des Pflichtteils möglich, wenn einer seiner Abkömmlinge so überschuldet ist oder so verschwenderisch mit Geld umgeht, dass sein Pflichtteil bei Auszahlung erheblich gefährdet ist.

Durch die getroffenen Beschränkungen kann der Erblasser den Pflichtteil des Abkömmlings vor Verschuldung und Verschwendung schützen. Der Abkömmling erhält dann die Erträge aus seinem Pflichtteil. Zulässige Beschränkungen sind die Einsetzung von den gesetzlichen Erben des Abkömmlings als Nacherben oder Nachvermächtnisnehmer oder die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers auf Lebzeiten des Abkömmlings.

Eine Lösung von der Bindungswirkung ist auch durch eine Anfechtung der wechselbezüglichen Verfügungen möglich.

Das gemeinschaftliche Testament kann nur bei Vorlage eines Anfechtungsgrundes gem. § 2281 BGB angefochten werden. Dieser verweist auf die Anfechtungsgründe nach §§ 2078, 2079 BGB, die für die Anfechtung eines Testamentes gelten.

Danach sind Anfechtungsgründe gegeben, wenn der Erblasser die getroffenen Verfügungen unter Zwang (widerrechtliche Drohung) getroffen hat. Auch ist eine Anfechtung möglich, wenn der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war (z.B. hat er juristische Begriffe falsch verwendet) oder eine Erklärung diesen Inhaltes nicht abgeben wollte (z.B. der Erblasser hat sich verschrieben).

Ein Irrtum nach § 2078 BGB ist auch gegeben, wenn der Erblasser die Verfügung getroffen hat, weil er irrig von der Erwartung oder Annahme des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstandes ausgegangen ist (z.B. der Bedachte verhält sich erwartungsgemäß).

Nach § 2079 BGB kann das gemeinschaftliche Testament angefochten werden, wenn der Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten in der Erbfolge übergangen hat, da er von dessen Vorhandensein nichts gewusst hat oder der Pflichtteilsberechtigte erst nach Errichtung des Testamentes geboren oder pflichtteilsberechtigt wurde (z.B. ein weiteres Kind des Erblassers wird geboren; Erblasser heiratet).

Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser dennoch so verfügt hätte, wenn er von dem hinzugekommenen Pflichtteilsberechtigten gewusst hätte.

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