Anfechtung gemeinsames Testament

Das gemeinschaftliche Testament steht zwischen dem einseitigen Testament und dem Erbvertrag. Die Erblasser können ihre getroffenen Verfügungen zu Lebzeiten wie beim einseitigen Testament jederzeit widerrufen.

Dies gilt auch für die wechselbezüglichen Verfügungen, das sind solche, die von einem Erblasser nicht ohne die Verfügung des anderen Erblassers getroffen worden wäre. Jedoch nach dem Tod eines Erblassers tritt insoweit eine Bindung wie beim Erbvertrag ein. Dann können die wechselbezüglichen Verfügungen nicht widerrufen werden.

Bei der Anfechtung eines gemeinschaftlichen Testamentes ist wieder zwischen den jeweiligen Verfügungsarten zu unterscheiden. 

Handelt es sich nicht um eine wechselbezügliche Verfügung, so ist deren Anfechtung erst nach dem Tod des entsprechenden Erblassers möglich, da ein Widerruf der Verfügung zu Lebzeiten der Erblasser jederzeit möglich ist. Es gelten hier die Anfechtungsregeln wie bei der Anfechtung eines einseitigen Testamentes.

Anfechten kann nach § 2080 BGB auch nur derjenige, dem die Aufhebung der letztwilligen Verfügung unmittelbar zugute kommen würde, also derjenige, der der Nächste in der Erbfolge ist.

Die nicht wechselbezügliche Verfügung des gemeinschaftlichen Testamentes kann nur bei Vorlage eines Anfechtungsgrundes gem. §§ 2078, 2079 BGB angefochten werden.

Danach sind Anfechtungsgründe gegeben, wenn der verfügende Erblasser die getroffenen Verfügungen unter Zwang (widerrechtliche Drohung) getroffen hat. Auch ist eine Anfechtung möglich, wenn der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war (z.B. hat er juristische Begriffe falsch verwendet) oder eine Erklärung diesen Inhaltes nicht abgeben wollte (z.B. der Erblasser hat sich verschrieben).

Ein Irrtum nach § 2078 BGB ist auch gegeben, wenn der Erblasser die Verfügung getroffen hat, weil er irrig von der Erwartung oder Annahme des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstandes ausgegangen ist (z.B. Einsetzung als Erbe in der Hoffnung der Bedachte würde dann den Erblasser bis zu dessen Tode pflegen).

Nach § 2079 BGB kann das Testament angefochten werden, wenn der Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten in der Erbfolge übergangen hat, da er von dessen Vorhandensein nichts gewusst hat oder der Pflichtteilsberechtigte erst nach Errichtung des Testamentes geboren oder pflichtteilsberechtigt wurde (z.B. ein weiteres Kind des Erblassers wird geboren; Erblasser heiratet).

Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser dennoch so verfügt hätte, wenn er von dem hinzugekommenen Pflichtteilsberechtigten gewusst hätte.

Die Anfechtung letztwilliger Verfügungen durch die ein Erbe eingesetzt, ein gesetzlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen, ein Testamentsvollstrecker ernannt oder ausgeschlossen wurde oder die Anfechtung einer Auflage muss durch den Anfechtungsberechtigten gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden.

Dieses ist dann verpflichtet, die Anfechtungserklärung dem Anfechtungsgegner mitzuteilen. Die Anfechtungserklärung ist bei allen anderen angefochtenen letztwilligen Verfügungen direkt dem Anfechtungsgegner gegenüber zu erklären, so wie z. B. die Anfechtung eines Vermächtnisses. Die Anfechtungserklärung bedarf keiner speziellen Form.

Soll eine wechselbezügliche Verfügung angefochten werden, so ist dies erst nach dem Tod des erstversterbenden Erblassers möglich, da erst dann eine Bindungswirkung eintritt und auch die wechselbezüglichen Verfügungen zu Lebzeiten beider Erblasser von diesen jederzeit widerrufen werden können.

Bei der Anfechtung einer wechselseitigen Verfügung nach dem Tod des erstversterbenden Erblassers sind die gesetzlichen Vorschriften über die Anfechtung eines Erbvertrages anzuwenden.

Da der überlebende Erblasser diese Verfügungen nicht widerrufen kann, hat er die Möglichkeit zur Anfechtung (Selbstanfechtung). Nach dem Tod des letztversterbenden Erblassers kann aber auch derjenige vertragliche Verfügungen anfechten, dem die Aufhebung der Verfügung unmittelbar zugute kommen würde, also derjenige, der der Nächste in der Erbfolge ist.

Das gemeinschaftliche Testament kann nur bei Vorlage eines Anfechtungsgrundes gem. § 2281 BGB angefochten werden.

Dieser verweist auf die Anfechtungsgründe nach §§ 2078, 2079 BGB, die für die Anfechtung eines Testamentes gelten. Danach gelten die Anfechtungsgründe wie oben bei der Anfechtung der nicht wechselbezüglichen Verfügungen des gemeinschaftlichen Testamentes schon dargestellt.

Die Anfechtung wechselbezüglicher Verfügungen nach Tod des erstversterbenden Erblassers, durch welche ein Dritter begünstigt wurde muss vom überlebenden Erblasser gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Dieses ist dann verpflichtet, die Anfechtungserklärung dem Dritten mitzuteilen.

Die Anfechtungserklärung ist bei allen anderen angefochtenen vertraglichen letztwilligen Verfügungen direkt dem Anfechtungsgegner gegenüber zu erklären. Die Anfechtungserklärung einer wechselbezüglichen Verfügung muss notariell beurkundet werden.

Es ist bei der Anfechtung jeder Verfügung eine 1-Jahresfrist zu wahren. Diese beginnt mit Kenntnis des Anfechtungsgrundes zu laufen.

Bei der Anfechtung von nicht wechselbezüglichen Verfügungen ist auf die Kenntnis des überlebenden Erblassers oder sonstigen Anfechtungsberechtigten abzustellen.

Bei der Anfechtung von wechselbezüglichen Verfügungen ist auf die Kenntnis des erstverstorbenen Erblassers abzustellen. Hier kann es passieren, dass bei dessen Tod die Jahresfrist schon abgelaufen ist und der überlebende Erblasser oder andere Anfechtungsberechtigte eine wechselbezügliche Verfügung des gemeinschaftlichen Testamentes wegen Ablauf der Frist nicht mehr anfechten kann.

Angefochten kann auch nicht das gemeinschaftliche Testament als solches, sondern nur die einzelnen in ihm enthaltenen Verfügungen.

Bei den Folgen der Anfechtung ist wieder zwischen den verschiedenen Arten der Verfügungen wieder zu unterscheiden.

Wurde eine nicht wechselbezügliche Verfügung erfolgreich angefochten, so ist diese unwirksam, jedoch bleiben im Zweifel die restlichen Verfügungen wirksam, außer es ist anzunehmen, dass der Erblasser dies nicht gewollt hätte.

Wird eine wechselbezügliche Verfügung aufgrund einer Anfechtung unwirksam, so wird im Zweifel auch die ihr im Verhältnis gegenüberstehende Verfügung unwirksam, außer es ist anzunehmen, dass beide Erblasser dies nicht gewollt hätten.

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Barbara Cudina
Rechtsanwältin – Fachanwältin für Familienrecht – Fachanwältin für Erbrecht – Mediatorin

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