|

Geschiedenentestament

 

Der Ehegatte hat grundsätzlich ein gesetzliches Erbrecht, also auch einen Pflichtteilsanspruch. Dies ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr bestand.

Sind die Eheleute geschieden oder wurde vom Erblasser die Scheidung beantragt oder hat er dieser zugestimmt und lagen die erforderlichen Voraussetzungen für eine Scheidung vor, so verliert der Ehegatte nach § 1933 BGB sein Erbrecht und seinen Pflichtteilsanspruch.

Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Zustellung des Scheidungsantrages beim Ehegatten. Voraussetzungen einer Scheidung sind die Zerrüttung der Eheleute, d.h. wenn die Ehe gescheitert ist, eine Lebensgemeinschaft der Eheleute nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass diese wieder hergestellt wird.

Wird der Scheidungsantrag jedoch vor dem Tod des Erblassers zurückgenommen oder findet eine Versöhnung statt, so lebt das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten wieder auf.

Doch gibt es hier das Problem, dass nach § 1933 BGB nur der Scheidungsgegner sein gesetzliches Ehegattenerbrecht verliert, der Antragsteller jedoch nicht. Dies führt zu einem Ungleichgewicht. Hat nun beispielsweise der Mann die Scheidung beantragt, verliert die Frau ihr Ehegattenerbrecht. Stirbt jedoch die Frau, so beerbt der Mann sie uneingeschränkt nach dem gesetzlichen Ehegattenerbrecht.

Dieses Problem wurde noch nicht abschließend vom BGH und dem BVerfG geklärt.

Verliert der Ehegatte jedoch sein gesetzliches Erbrecht, so werden auch, bei der Annahme eines entsprechenden Willen des Erblassers, die Verfügungen, die er zu Gunsten des Ehegatten in seinem Testament getroffen hat unwirksam.

Gleiches gilt für ein errichtetes gemeinschaftliches Testament, sowie ein bestehender Erbvertrag zugunsten des Ehegatten, diese werden dann komplett unwirksam. Eine Unwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testamentes tritt nicht ein, wenn die Ehegatten einen Fortgeltungswillen (auch Aufrechterhaltungswillen) gem. 2268 BGB aufweisen.

Ein Fortgeltungswille liegt bei dem Erblasser vor, dessen Verfügung nicht aufgrund des Fortbestands der Ehe errichtet wurde.

Das Getrenntleben der Ehegatten hat noch keine erbrechtliche Wirkung. Hier hat jedoch der Erblassers einige Möglichkeiten, durch Verfügungen von Todes wegen eine unerwünschte Erbfolge zu vermeiden.

Er kann den Ehegatten testamentarisch von der Erbfolge ausschließen. Hat er den Ehegatten in einem einseitigen Testament bedacht, kann er dieses bzw. die den Ehegatten begünstigende Verfügung widerrufen.

Haben die Eheleute ein gemeinschaftliches Testament errichtet, so kann jeder der beiden Eheleute zu Lebzeiten des anderen die getroffenen Verfügungen widerrufen.

Haben die Eheleute einen Erbvertrag geschlossen, aber vertraglich kein Rücktrittsrecht vereinbart, so ist ein Rücktritt nach § 2294 BGB möglich, wenn sich der Ehepartner einer Verfehlung nach § 2335 BGB (Pflichtteilsentziehungsgründe) schuldig macht.

Hiernach kann der Erblasser vom Erbvertrag zurücktreten, wenn der Ehegatte dem Erblasser oder einem Abkömmling des Erblassers nach dem Leben trachtet. Weitere Entziehungsgründe sind begangene vorsätzliche körperliche Misshandlungen oder schwere vorsätzliche Straftaten begangen gegenüber dem Erblasser. Auch kann er vom Erbvertrag zurücktreten, wenn der Ehegatte ihm gegenüber eine Unterhaltspflicht böswillig verletzt.

Die Aufzählung der Gründe zur Entziehung des Pflichtteils im Gesetz sind abschließend.

Der Erblasser kann den Erbvertrag nach § 2281 BGB mit der Begründung anfechten, dass er nicht damit gerechnet habe, dass der Ehegatte die Ursache für die Zerrüttung darstellen würde.

Die Ehegatten können auch einen notariell beurkundeten Erb- und Pflichtteilsverzicht schließen. Dies setzt diesbezüglich allerdings eine Einigung zwischen den Ehepartnern voraus.

Durch die Scheidung verliert der Ehegatte sein gesetzliches Erbrecht und seinen Pflichtteilsanspruch gegenüber dem Erblassers selbst. Jedoch hat er weiterhin ein gesetzliches Erbrecht und einen Pflichtteilsanspruch gegenüber den gemeinsamen Kindern.

So ist es selbst nach der Scheidung möglich, dass der geschiedene Ehegatte oder dessen Familien über Umwegen an dem Nachlass des Erblassers beteiligt ist.

Um dies langfristig auszuschließen und einen eventuellen Pflichtteilsanspruch des Ehegatten nach § 2303 BGB wirtschaftlich auszuhöhlen, ist es ratsam ein Geschiedenentestament zu errichten.

Durch die Einsetzung eines Vor- und Nacherben wird der Nachlass als Sondervermögen nicht mit dem Eigenvermögen des Vorerben vermischt und kann nicht an die Erben des Vorerben weitervererbt werden. Bei der Berechnung des Pflichtteils der Berechtigten des Vorerben bleibt das Sondervermögen außen vor.

Als Vorerbe können auch mehrere Personen eingesetzt werden, die dann als Erbengemeinschaft den Nachlass gemeinsam besitzen. Meist werden die Abkömmlinge der gescheiterten Ehe eingesetzt.

Nach dem Gesetz gilt die Gesamtrechtsnachfolge auch Universalsukzession genannt. Danach geht das ganze Vermögen des Erblassers bei dessen Tod auf den oder die Vorerben über. Eine Annahme oder sonstiges Zutun von dem oder den Erben ist nicht nötig.

Sie treten sofort in die vererblichen Rechte und Pflichten des Erblassers ein. Der Nachlass besteht aus dem Aktivvermögen des Erblassers (sämtliche Vermögenswerte) und den Nachlassverbindlichkeiten.

Grundsätzlich ist der Vorerbe frei und kann über den Nachlass verfügen. Doch gilt der Grundsatz der Werterhaltung nach § 2130 BGB. Der Nachlass soll in seinem rechtlichen Umfang erhalten bleiben. Die Substanz des Nachlasses soll dem Nacherben und die Nutzung des Nachlasses dem Vorerben zustehen. So kann der Vorerbe z.B. Hausgrundstücke des Nachlasses bewohnen, verpachten oder vermieten und kann die Erträge, Einnahmen und Zinsen hieraus und aus Wertpapieranlagen verbrauchen. Die gewöhnlichen Erhaltungskosten muss der Vorerbe dafür mit eigenen Mitteln oder aus den Erträgen des Nachlasses bezahlen. Größere Instandhaltungsmaßnahmen kann er mit Mitteln aus dem Nachlass selbst bezahlen.

Über Grundstücke darf der Vorerbe zwar verfügen, doch werden diese mit Eintritt des Nacherbfalls unwirksam, wenn der Nacherbe hierdurch rechtlich beeinträchtigt oder benachteiligt würde.

Hat der Vorerbe Gegenstände oder Vermögen des Nachlasses verschenkt, so werden diese mit Eintritt des Nacherbfalls unwirksam, wenn der Nacherbe hierdurch rechtlich beeinträchtigt oder benachteiligt würde. Dies gilt nicht für Pflicht- oder Anstandsschenkungen.

Geld hat der Vorerbe verzinslich und mündelsicher anzulegen. Mündelsicher sind nur die in § 1807 BGB vorgeschriebenen Anlagenarten.

Der Erblasser hat jedoch nach § 2136 BGB die Möglichkeit, den Vorerben von einigen Einschränkungen befreien zu können. So wird die Stellung des Vorerben verbessert und gestärkt und die des Nacherben eingeschränkt.

Die Befreiungen müssen in seiner Verfügung von Todeswegen ausdrücklich angeordnet werden. Befreiungen sind möglich bei der Belastung, dem Verkauf oder sonstigen rechtlichen Beeinträchtigungen von Grundstücken, bei der Hinterlegung von Wertpapieren und der Anlegung von Geldvermögen.

Der Erblasser kann dem Nacherben sein Auskunftsrecht nach § 2127 BGB, sein Forderungsrecht von Sicherheitsleistungen bei Befürchtung einer erheblichen Verletzung seiner Rechte nach § 2128 BGB und sein Recht zur Verwaltungsentziehung nach § 2129 BGB zugunsten des Vorerben entziehen.

Er kann den Vorerben von dem Gebot der ordnungsgemäßen Verwaltung, der Rechnungslegungsverpflichtung, der Haftung nach § 2131 BGB, vom Wertersatz für eigennützige Verwendung von Nachlassgegenständen und Raub- und Übermaßfrüchte befreien, sowie von der Tragung der gewöhnlichen Erhaltungskosten.

Der Befreiung des Vorerben sind jedoch gesetzliche Grenzen gesetzt, da der Nacherbe noch gewissen Schutz benötigt und der Nachlass für ihn nicht ausgehöhlt werden soll. Der Erblasser kann den Vorerben daher nicht von der Unwirksamkeit von dem Vorerben vorgenommenen Schenkungen befreien. Weiter hat der Vorerbe alles, was er aufgrund oder für einen Nachlassgegenstand erhält dem Nacherben beim Nacherbfall auszuhändigen. Persönliche Gläubiger des Vorerben dürfen nicht in den Nachlass vollstrecken. Der Vorerbe hat die Verpflichtung, ein Nachlassverzeichnis bei Verlangen durch den Nacherben anzufertigen und diesem auszuhändigen, sowie auf Verlangen den Zustand der Nachlassgegenstände feststellen zu lassen. Hiervon kann der Vorerbe ebenfalls nicht befreit werden.

Der Erblasser kann der Vorerben einzelne Gegenstände mittels Vorausvermächtnis zuwenden. Diese Gegenstände unterliegen dann nicht den Beschränkungen der Vorerbschaft.

Der Erblasser kann frei bestimmen, wann der Nacherbfall eintreten soll. Die Rechtsstellung des Vorerben endet und das Sondervermögen „Nachlass“ geht nun kraft Gesetz auf den Nacherben über und verschmilzt mit dessen Eigenvermögen. Der Zeitpunkt kann z.B. der Tod des Vorerben sein oder die Volljährigkeit des Nacherben.

Zum Nacherben können mehrere Personen eingesetzt werden. Auch kann eine bestimmte Personengruppe (Abkömmlinge des Vorerben) zu Nacherben eingesetzt werden.

Es können auch weitere Nacherben hintereinander eingesetzt werden. Dies hat zur Folge, dass der Nachlass bis zum letzten Nacherben immer ein Sondervermögen darstellt und so der geschiedenen Ehegatten über die gemeinsamen Kinder und deren Abkömmlinge hieran nicht beteiligt werden kann.

Es ist auch immer anzuraten, sowohl für den eingesetzten Vor- wie Nacherben einen personellen Ersatz vorzusehen, falls der Vor- oder Nacherbe ausfällt (Ausschlagung, Tod).

Für das Geschiedenentestament gibt es auch noch die Möglichkeit, dieses nach der Vermächtnislösung zu gestalten.

Dann vererbt der Erblasser sein ganzes Vermögen auf einen Vollerben und ab einem gewissen Zeitpunkt (z.B. Tod des Vollerben) soll der Nachlass als Vermächtnis einem Begünstigten zustehen.

Der Nachlass bleibt dann nicht als Sondervermögen bestehen, sondern vermengt sich mit dem Eigenvermögen des Vollerben. Doch wird der noch vorhandene Nachlass bei Eintritt des gesetzten Zeitpunktes auf den Vermächtnisnehmer übergeleitet.

Der Vermächtnisnehmer tritt jedoch nicht wie ein Erbe automatisch in die Rechtsstellungen ein, sondern er erwirbt einen schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe der zugewendeten Gegenstände gegen den (Voll-) Erben. Als Entstehungszeitpunkt des Vermächtnisses wird oft der Tod des Vollerben festgesetzt. So müssen die Nachlassgegenstände von den Erben des Vollerben an den Vermächtnisnehmer herausgegeben werden und der geschiedene Ehegatte des Erblassers hat so keine Zugriffsmöglichkeit mehr auf den Nachlass des Erblassers.

Auch bei der Berechnung des Pflichtteils wird der Nachlass des Erblassers herausgelassen, da Vermächtnisse als Nachlassschulden bei der Berechnung vom Nachlass abzuziehen sind.

Der Erblasser kann den ganzen Nachlass oder Teile hiervon als Vermächtnis weiterleiten, jedoch muss er dies wegen der Erbeinsetzungsvermutung nach § 2087 BGB in seiner Verfügung von Todes wegen klar stellen. Er muss bestimmen, dass der Übergang des ganzen Nachlasses oder Teile hiervon nicht als Erbeinsetzung verstanden werden soll und er dies als Vermächtnis zuwenden will.

Der Vollerbe hat ab Anfall der Erbschaft frei Verfügungsbefugnis bezüglich des Nachlasses. Die Zeit zwischen dem Erbfall und des Anfalls des Vermächtnisses wird Schwebezeit genannt. Die Schwebezeit muss unter 30 Jahren betragen, ansonsten wird das Vermächtnis unwirksam.

Der Vollerbe ist zum Schadenersatz gegenüber dem Vermächtnisnehmer verpflichtet, wenn die Rechte des Vermächtnisnehmers durch vorsätzliche oder fahrlässige Handlungen des Vollerben in der Schwebezeit ganz oder teilweise beeinträchtigt werden. Der Erblasser kann jedoch die fahrlässige Haftung ausschließen.

Um auszuschließen, dass der Vollerbe Verfügungen oder Zuwendungen zugunsten des unerwünschten Personenkreises (geschiedener Ehegatte, dessen Familie) vornimmt, kann der Erblasser die Zwangsvollstreckung anordnen oder diesbezüglich Sanktionsbestimmungen in seine Verfügung von Todes wegen aufnehmen.

Ist das Vermächtnis durch Eintritt des bestimmten Zeitpunktes angefallen, so hat der Vermächtnisnehmer Anspruch auf die Erträge des Nachlasses, muss jedoch auch die gewöhnlichen Erhaltungskosten tragen.

Als Vermächtnisnehmer kann eine bestimmte Personengruppe (Abkömmlinge des Vorerben) eingesetzt werden.

Es ist auch hier wieder dringend anzuraten, einen Ersatzvermächtnisnehmer oder Nachvermächtnisnehmer zu benennen, falls der Vermächtnisnehmer ausfallen sollte.

Die Anordnung eines Nachvermächtnisses ist sinnvoll, da immer noch die Gefahr der Teilhabe des geschiedenen Ehegatten und dessen Familien an dem Nachlass besteht, wenn die Vermächtnislösung gewählt wurde.

Der Nachlass geht bei Übereignung in das Eigenvermögen des Vermächtnisnehmers über. Um nun eine eventuelle Beteiligung des unerwünschten Personenkreises bei Versterben des Vermächtnisnehmers zu vereiteln, kann ein Nachvermächtnis angeordnet werden.

Der Vermächtnisnehmer ist dann Vorvermächtnisnehmer und hat bei Anfall des Nachvermächtnisses (Zeitpunkt wird wieder von Erblasser festgelegt, meist Tod des Vorvermächtnisnehmers) dieses an den Begünstigten herauszugeben.

Wir sind für Sie da!

Wie können wir Ihnen helfen?
Sehr gerne beantworten wir Ihre Fragen auch im Rahmen einer Online-Beratung.

Zögern Sie bitte nicht!
Fragen kostet noch nichts!

Nach Eingang Ihrer Anfrage melden wir uns kurzfristig bei Ihnen und teilen Ihnen in diesem Zusammenhang auch die entstehenden Kosten einer Beratung, – sei es telefonisch, schriftlich oder persönlich, mit.

Telefon 0049 (0) 621 789 77 66
Telefax 0049 (0) 621 789 60 99

Emailinfo@fachanwalt-erbrecht-mannheim.de

Barbara Cudina
Rechtsanwältin – Fachanwältin für Familienrecht – Fachanwältin für Erbrecht – Mediatorin

68307 Mannheim – Spinnereistr. 3-7, Eingang rechts

Ähnliche Beiträge