Auslegungsregeln für Testament

Die Auslegung von letztwilligen Verfügungen ist oft nötig, da Testamente meist ohne fachlichen Rat erstellt werden und auch häufig juristische Begriffe falsch benutzt werden.

Selbst wenn ein Erblasser mit seinen eigenen Worten umschreibt, wie er sein Erbe verteilt haben will, ist nicht ganz klar, was er gemeint hat, da oft verschiedene Deutungen möglich sind.

Auslegung von Testamenten

Bei der Auslegung von Testamenten ist immer der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen. Es ist immer zu fragen, was der Erblasser gewollt hat. Hierbei ist nicht an den Worten buchstäblich festzuhalten.

Hat der Erblasser beispielsweise ein Wort im Sprachgebrauch falsch benutzt, aber es war schon zu Lebzeiten klar, was er immer damit meinte, so ist nicht an dem Wort sprachgebräuchlich festzuhalten, sondern es so zu verstehen, wie es der Erblasser immer gebraucht hat.

Z.B. das Wort „Mutter“, der Erblasser hat immer seine Ehefrau mit „Mutter“ bezeichnet und sie auch immer so gerufen. Wenn er nun in seinem Testament seine „Mutter“ bedenkt, so ist davon auszugehen, dass er damit seine Ehefrau gemeint hat und nicht seine biologische Mutter.  

Ist ein Testament auslegungsbedürftig, so müssen auch Umstände, die außerhalb der Testamentsurkunde liegen berücksichtigt werden. Solche sind die allgemeine Lebenserfahrung, zum Teil auch Äußerungen und Gepflogenheiten des  Erblassers. 

Über die Auslegung des Testamentes entscheidet im Erbscheinverfahren das Nachlassgericht oder im Zivilverfahren das Prozessgericht. 

Nach der vom BGH entwickelten Andeutungstheorie muss der durch Auslegung ermittelte oder der vermutete Wille in der Testamentsurkunde zumindest andeutungsweise zum Ausdruck gekommen sein. Die Auslegung darf nicht im Gegensatz zum eindeutigen Wortlaut stehen.

Es dürfen keine Bedeutungen in das Testament hineininterpretiert werden, da dies gegen die Testierfreiheit und die gesetzlichen Formvorschriften verstoßen würde.

Ist der tatsächliche Wille des Erblassers nicht ermittelbar, weil der Testamentstext verschiedene Auslegungen zulässt, so ist nach dem mutmaßlichen Willen des Erblassers zu fragen. Hier werden wieder die allgemeine Lebenserfahrung und die Vernunft zur Auslegung herangezogen.

Dies nennt man die wohlwollende Auslegung.

Eine Form der Auslegung ist noch die ergänzende Auslegung. Diese kommt zum Tragen, wenn sich nach der Testamentserrichtung die persönlichen oder sachlichen Verhältnisse des Erblassers verändert haben, diese Änderungen aber keinen Niederschlag im Testament gefunden haben. Bei der ergänzenden Auslegung ist zu fragen, was der Erblasser bestimmt hätte, wenn er die Entwicklung vorausschauend mit einbezogen hätte.

Darüber hinaus gibt es auch gesetzliche Auslegungsregeln für besondere Fälle. Diese stellen in Zweifelsfragen eine Auslegungsvermutung dar, wenn der Wille des Erblassers nicht ermittelt werden kann.

Eine gesonderte Problematik ist gegeben, wenn der Erblasser mehrere Verfügungen getroffen hat und eine von ihnen unwirksam ist. Hier stellt sich nun die Frage, ob nur die eine Verfügung unwirksam ist und die restlichen wirksam oder ob die unwirksame Verfügung das ganze Testament unwirksam werden lässt.

Ein allgemeiner Grundsatz des BGB ist, dass im Zweifel das ganze Rechtsgeschäft als unwirksam zu erachten ist, § 139 BGB.

Doch im Erbrecht ist die Besonderheit, dass der ErblassAer seine unwirksame Verfügung nicht mehr korrigieren kann. So gilt hier der Grundsatz nach § 2085 BGB, der besagt, dass eine unwirksame Verfügung die Unwirksamkeit des ganzen Testamentes nur nach sich zieht, wenn davon auszugehen ist, dass der Erblasser die wirksamen Verfügungen nicht ohne die unwirksame getroffen haben würde.

Im Zweifel ist also nur die unwirksame Verfügung nichtig, nicht das ganze Testament.

Es sind auch Ergänzungsregeln gesetzlich normiert worden.

So wird nach § 2090 BGB und § 2089 BGB eine Kürzung bzw. Erhöhung der Erbquoten vorgenommen, wenn der Erblasser sich verrechnet hat und mehr bzw. weniger als 100 % vermacht hat.

Hat der Erblasser in seinem Testament die Erben nur ihrer Person nach festgelegt, aber nicht deren jeweiligen Erbquoten, so erben sie zu gleichen Teilen nach §§ 2091, 2092 BGB.

Bedachte der Erblasser mehrere Personen als Erben und fällt einer der Erben weg (Ausschlagung, Tod), so werden die Erbquoten der übrigen Erben anteilig entsprechend ihrer Erbbeteiligung erhöht, § 2094 BGB.A

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Barbara Cudina
Rechtsanwältin – Fachanwältin für Familienrecht – Fachanwältin für Erbrecht – Mediatorin

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